
Der Hauptmann
Der Hauptmann Handlung
In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs findet der junge Gefreite Willi Herold auf der Flucht eine Hauptmannsuniform. Ohne zu überlegen streift er die ranghohe Verkleidung und die damit verbundene Rolle über. Schnell sammeln sich versprengte Soldaten um ihn - froh, wieder einen Befehlsgeber gefunden zu haben. Aus Angst enttarnt zu werden, steigert sich Herold nach und nach in die Rolle des skrupellosen Hauptmanns und verfällt dem Rausch der Macht.
Der Hauptmann Filmkritik
Der Hauptmann Kritik der neue Film von Robert Schwentke mit Max Hubacher und Milan Peschel
Filmkritik von Bianka PiringerEine Uniform, die das Böse weckt
Im April 1945, wenige Wochen vor Kriegsende, irren versprengte Soldaten durch Deutschland und müssen um ihr Leben fürchten, denn Deserteure werden weiterhin exekutiert. Auch der 19-jährige Gefreite Willi Herold (Max Hubacher) wird gejagt, kann aber dem Offizier Junker (Alexander Fehling) und seinen Männern knapp entkommen. Am Waldrand findet er ein verlassenes Militärfahrzeug und darin die komplette Uniform eines Hauptmanns. Er zieht sie an. Als der versprengte Gefreite Walter Freytag (Milan Peschel) des Weges kommt, muss Herold seine neue Rolle spielen und Befehle erteilen.
Hätte es diesen Willi Herold und seine Gruppe von Soldaten, die sich ihm unterwegs anschließen, nicht wirklich gegeben, würde diese Geschichte wohl als völlig absurd abgetan werden. Aber der lange in Hollywood tätig gewesene deutsche Regisseur Robert Schwentke („R.E.D. - Älter. Härter. Besser“) hält sich im wesentlichen an die Fakten, welche besagen, dass Herold und seine Leute in einem Straflager der Emslandlager, unterstützt von den Wachen, über 100 Fahnenflüchtige und andere Gefangene erschossen.
Er habe eine Vollmacht des Führers, behauptet der falsche Hauptmann, und der für die Lagerbewachung zuständige SA-Führer Schütte (Bernd Hölscher) glaubt ihm das nur allzu gerne. Denn er will dringend einige Insassen des völlig überfüllten Lagers loswerden, aber auch verhindern, dass sie sich dem Feind anschließen. Der blutjunge Herold, noch ein halbes Kind, berauscht sich am Erfolg seiner verwegenen Hauptmann-Interpretation. Max Hubacher verleiht ihm eine glatte, spitzbübische Unschuldsmiene, als wäre alles nur ein Jungenstreich, der außer Kontrolle gerät.
Milan Peschels Freytag ist der arme Befehlsempfänger, das Gegenteil des Rabauken Kipinski (Frederick Lau) aus Herolds Truppe. Dieser grinst Herold frech an, als würde er ihn durchschauen, und lässt im Straflager seiner Gewalttätigkeit freien Lauf, angetrunken exekutiert er sogar ein paar Gefangene ohne Befehl. Erst da, als das Morden ungeordnet und unautorisiert quasi aus dem Ruder läuft, protestiert Schütte: „Das ist nicht deutsch!“
Der Film ist, dem wahren Geschehen gemäß, als grimmige Farce angelegt, in der sich die verbrecherische Fratze des Nationalsozialismus wie in Zeitlupe entfaltet. Die Handlung kommt langsam in Fahrt und steigert sich wie mit dem Schwung der manchmal erklingenden Walzer ins Überdrehte. Im Lager gibt es nach dem ersten Massaker einen bunten Abend, wie das in Konzentrationslagern üblich war. Er ist zwar viel irrer als die Orgie, die Herold später in einem Hotel veranstaltet, mit Frauen, die leicht bekleidet wie in der Boheme-Zeit der 1920er Jahre tanzen. Aber erst dann, als Herold als offen dekadenter Gangster in Uniform durch die Lande zieht, entgleisen seine Gesichtszüge einmal ins Gestörte.
Schwentke inszeniert mit furiosem Stilwillen, in Schwarzweiß und einem Hang zur theaterhaften Überhöhung: aus Untersicht gefilmte Gesichter, ins Surreale neigende punktuelle Verlangsamung, dramatisch kontrastreiche Bildausschnitte mit wechselnden Schärfen. In der schrägen Subjektivität von Kamera und Musik offenbart sich mit expressionistischer Schärfe auch die nicht eingestandene Schuld der Protagonisten. Schon am Anfang klingt die Musik wie ein Spottlied der Verdammten auf all die anderen Verlorenen: Als Herold um sein Leben rennt, bläst einer der Verfolger auf dem Militärfahrzeug Trompete wie ein angeheiterter Freizeitjäger. Dieser Film ist einzigartig, weil er den Irrsinn des Dritten Reichs, wie er sich gerade auch im Niedergang offenbarte, nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch-künstlerisch ausdrücken kann.
Kritik: Bianka Piringer
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